Hier gebe ich euch einige Praxistipps zur Erstellung guter Streetfotos.
Bevor ich meine Erfahrungen mit Aufnahmen von Streetfotos weitergebe, gestattet mir noch ein paar Vorbemerkungen.
In den Ausführungen gehe ich ausschließlich auf fotografische Aspekte ein. Die rechtlichen Vorgaben müßt ihr selbstverständlich einhalten und selbst verantworten. Meine Infos sind auf keinen Fall rechtfertigend für eine Überschreitung der rechtlichen Vorgaben speziell am persönlichen Bildrecht der abgebildeten Personen.
Genauere Hinweise habe ich unter “Rechtliche Aspekte” ausgeführt.
Trotz aller Einschränkungen müssen Streetfotos gemacht werde, denn sie dokumentieren das alltägliche Leben und sind authentisch. Sie unterscheiden sich meistens von der Reportagefotografie durch die Abbildung eines Zeitgeistes in unspektakulären Situationen und sind unabhängig von kommerzieller Verpflichtung. Sie hinterlassen Spuren von dem Jetzt und liefern bildhafte Dokumente für zukünftige Generationen.
Nähe zu Personen langsam herstellen
Mir geht es heute noch so und Neulingen in der Streetfotografie sicherlich besonders – aus der Nähe fotografieren. Nähe zu einer fremden Person oder Personengruppe spielt in diesem Genre eine besondere Rolle und ist oftmals der Schlüssel zu einem guten Straßenfoto. Jeder Mensch hält zu einer unbekannten Person zunächst einen bestimmten Abstand um die Intimsphäre des andenen zu wahren. Doch ist Nähe eine Vertrauenssache und kann gelernt werden.
Natürlich macht jeder auf der Straße auch verdeckte Fotos. Auf Techniken, wie man unentdeckt fotografiert, komme ich später zu sprechen.
Straßensituationen ohne Menschen
Menschen hinterlassen Spuren. Überall findet man interessante Location und Motive, die ein menschliches und soziales Handeln im öffentlichen Raum dokumentieren. Dieses gilt es durch geeignete Auswahl des Bildausschnittes und einer interessanten Aussage zu erspüren. Licht und Schattenwurf von Personen, Gegenstände des Alltags und die Nutzung von Verkehrsmitteln oder Maschinen in typischen Lebensumfeldern sind Beispiele die man in Städten (z.B. Straßenbahn in Lissabon, Scherenschleifer) oder auf dem Lande (z.B. Erntesituationen) findet. Ebenso bilden Strukturen von Wohn- und Arbeitssituationen menschliches Leben ab, ohne sie direkt einbeziehen zu müssen.
Straßensituationen mit Menschen ohne Gesichtsdarstellung
Es gibt viele Situationen im Alltagsgeschehen, in denen die unmittelbare Ablichtung eines Gesichtes nicht notwendig ist, um den Handlungsmoment auszudrücken. Diese Momente können besonders interessant wirken, wenn sie Dynamik und charakteristische Geschehnisse abbilden. Man stelle sich nur einmal vor, wie unterschiedlich Personen sich bewegen, Treppen steigen, emotionale Trauer oder Glück (z.B. Hände Hochreißen beim Torerfolg der Lieblingsmannschaft beim Fußballspiel) ausdrücken. Tiere nehmen einen wichtigen Platz bei uns Menschen ein. Auch sie zeigen durch ihr Verhalten gute Beispiele des täglichen Alltags.
Straßensituationen mit Menschen im Gegenlicht
Nicht nur zur Wahrung der Anonymität, sondern auch eine sehr treffliche Möglichkeit der Bildgestaltung sind Personen im Gegenlicht. Hier kann man ruhig mal mit längerer Brennweite arbeiten, um Freistellungen vor dem Sonnenlicht mit attraktivem Siluettenschein abzubilden. Eis leckende Menschen, aufs Meer schauende Pärchen oder in die Ferne schweifende Blicke sind nur einige Beispiele. Gerade auch Scherenschnittfotos haben hier ihren reizvollen Auftritt.
Menschen ansprechen
Eine von mir sehr gerne praktizierte Methode, Nähe zwecks guter Fotos herzustellen, ist Geduld. Habe ich viel Zeit , lebe ich zunächst mit diesen Personen und Personengruppen zusammen. Die Kamera bleibt zunächst im Hintergrund. Wichtig bei Vorgesprächen ist Akzeptanz für die Fotografie zu schaffen und die Verwendung der Fotos zu erklären. Meine Erfahrung (ich habe einmal drei Tage bei den Mapuche in der Atacama-Wüste Chiles verbracht) ist die, anschließend offen ohne gestellte Szenen fotografieren zu können.
Begenungen auf der Straße sind dagegen von spontanen Notwendigkeiten geprägt. Diese Situationen kann man trainieren. Ich gebe Menschen einfach einen Gegenstand (z.B. Blume) in die Hand und bitte sie ihren persönlichen Bezug dazu herzustellen. Ein vermeindliches Pärchen wird sich z.B. einander die Blume als Zuneigung übergeben. Es kann natürlich auch zu Ablehnungen kommen, doch sollte man sich davon nicht entmutigen lassen. Ein nächster Versuch bringt vielleicht den Erfolg. Günstig ist es natürlich zu zweit zu diesem spontanen “Fotoshooting” zu gehen. Hilfreich und Vertrauen erzeugend kann auch sein, eine Aufgabe eines Fotoworkshops anzugeben.
Personen unerkannt fotografieren
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, die rechtlichen Vorgaben zur Personenfotografie einzuhalten. Meine Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Bildgestaltung und Bilderfassung.
Genauere Hinweise habe ich unter “Rechtliche Aspekte” ausgeführt.
Ein Streetfoto verliert oftmals an Spannung, wenn Personen vor dem Betätigen des Auslösers angesprochen werden. Wenn es nötig sein sollte, kann man anschließend das Bild zeigen, es zum Löschen anbieten oder deren Verwendung ansprechen.
Eine gute Möglichkeit ist Ablenkung zu erzeugen. Man konzentriert sich auf eine neben dem Objekt stehende Person , stellt die Kamera ein und löst nach schnellem Schwenk aus.
Die Kamera wird unauffällig vor der Brust getragen und das Objekt wird hyperfokal mit einem weinwinkeligen Objektiv abgebildet.
Ebenso kann man die Situation lange beobachten, abwarten und in einem geeigneten Moment schnell die Kamera ausrichten und auslösen.
Auf lange Brennweiten sollte man verzichten, da diese immer etwas paparazzihaft wirken.
Menschen ins Bild laufen (fahren) lassen
Richtet man seine Kamera in dem Moment der Objektfixierung auf die jeweiligen Personen aus, bedarf es Schnelligkeit, etwas Mut und ein gutes Timing. Bei sich bewegenden Situationen benötigt man zusätzlich die Fähigkeit der Antizipation des Geschehens.
Einfacher und für ungeübte Erfolg versprechender ist es, sich einen geeigneten Hintergrund zu suchen, die Kamera auf den Punkt der zu erwartenden Person zu fokussieren ( z.B. ein bestimmter Stein in der richtigen Entfernung) und mit Offenblende und kurzer Zeit abzuwarten. Der schon vor der Auslösung anvisierte Bereich vermittelt den Eindruck, etwas anderes anzuvisieren als das zu erwartende Objekt selbst. Läßt man dabei beide Augen noch offen, kann man mit dem einen durch das Okular schauen und mit dem anderen das weitere Umfeld beobachten.